Promovieren in Zeiten von Corona

Posted on: By: Rene Krempkow

THESIS fordert 1 Mrd € für Digitalpakt Hochschulen und Vertragsverlängerung als Anspruch

Kürzlich hat die Bundesregierung ein 130-Milliarden-Zukunftspaket beschlossen, nach Berichten des Tagesspiegel einschließlich Milliarden zur Digitalisierung der Schulen und zur KI-Forschung. Der von den Ländern und SPD geforderte Digitalpakt Hochschulen wurde abgelehnt. Zugleich müssen jedoch viele in der Lehre tätige Nachwuchsforschende nach wie vor mit privaten Endgeräten die auf digital umgestellte Hochschullehre sicherstellen, weil an den Hochschulen nicht genug entsprechende IT vorhanden ist – was oft auch zu zweifelhaften Datenschutzsituationen führt. Während als wissenschaftliche Mitarbeiter*innen angestellte Nachwuchsforschende bereits jetzt arbeitsrechtlich zumindest theoretisch einen Anspruch auf angemessene IT-Ausstattung haben, gilt dies nicht unbedingt für Mitglieder von Graduiertenkollegs, externe Doktoranden und andere Nachwuchsforschende. Dies ist auf Dauer so nicht hinnehmbar.

Ein zweiter vom Bund kürzlich nach Forderungen u.a. von Nachwuchsforschenden- und Mittelbau-Initiativen gefasster Beschluss betrifft das Wissenschafts- und Studierendenunterstützungsgesetz. Demnach können Beschäftigungsverhältnisse zur Qualifizierung, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 bestehen, zusätzlich um sechs Monate verlängert werden. Dadurch haben Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen als Arbeitgeber die Möglichkeit, die Arbeitsverträge etwa für Promovierende und Habilitanden über bisherige Höchstbefristungsgrenzen hinaus fortzusetzen. Ähnlich gilt dies für Forschungsprojekte, wenn sie sich aufgrund der aktuellen Ausnahmesituation verzögern. THESIS begrüßt grundsätzlich dieses Gesetz, übt jedoch deutliche Kritik daran, dass es im Gegensatz zu vielen anderen Corona-Nachteilsausgleichen für die Nachwuchs­forschenden keinen Anspruch begründet. Vielmehr sind diese auf den Goodwill ihrer Arbeitgeber angewiesen. Damit wird die in Deutschland im internationalen Vergleich ohnehin sehr starke Abhängigkeit der Nachwuchsforschenden von ihren Professor*innen nochmals verstärkt, da diese oft zugleich Betreuende, Gutachter und Arbeitgebervertreter*innen sind. Zudem löst es nicht die grundsätzlichen Probleme mangelnder längerfristiger Perspektiven und der nur geringen Attraktivität der Wissenschaft, die jüngste empirische Studien nochmals verstärkt aufzeigen.

THESIS fordert daher:

  1. kurzfristig:

    • konsequente Wahrnehmung der Verantwortung der Hochschulen für IT-Ausstattung zur digitalen Lehre, für die Bund und Länder zusammen 1 Mrd. € bereitstellen sollte,

    • „Corona“-Vertragsverlängerung als Rechtsanspruch der (Nachwuchs-) Forschenden;

  1. mittel- und langfristig:

    • Stärkung der wissenschaftlichen Unabhängigkeit von Nachwuchsforschenden – schrittweise bereits ab Beginn der Promotion verbunden mit transparenten Leistungsanforderungen (auch damit sich künftig nicht mehr die Mehrheit der Nachwuchsforschenden gegen eine Karriere in der akademischen Wissenschaft entscheidet),

    • transparente und berechenbare Karrierewege für Nachwuchsforschende insgesamt inkl. Entfristungsmöglichkeiten nach der Promotion – nicht nur für jährlich ca. 100 Tenure-Track-Professuren in Deutschland.

THESIS e.V. ist das deutschlandweite interdisziplinäre Netzwerk für Promovierende und Promovierte (www.thesis.de).

Kontakt: Axel Gürtler, Geschäftsführer THESIS e.V. axel [dot] guertler [at] thesis [dot] de (axel[dot]guertler[at]thesis[dot]de) , oder:

René Krempkow, Referent Hochschulpolitik THESIS e.V. (rene [dot] krempkow [at] thesis [dot] de (rene[dot]krempkow[at]thesis[dot]de))